Achtsamkeit in der Psychotherapie

Lebe im lebendigen Augenblick

Dir Grundursache psychischen Leides liegt oft darin begründet, dass der Mensch vergessen hat sich immer wieder selbst zu sammeln um so liebevoll und fokussiert im lebendigen Augenblick zu verweilen.

Daher sollte er lernen, sich in begrenzten Zeiträumen wieder ausschließlich auf die Wahrnehmung der Phänomene des gegenwärtigen Augenblicks einzulassen.

Grundprinzip der meditativen Achtsamkeit

Alle meditativen Techniken der vergangenen Jahrhunderte beruhen dabei auf ein und demselben Prinzip: Wir schaffen einen ruhigen, nicht handlungsbezogenen mentalen Raum und lassen uns bedingungslos darauf ein, was im gegenwärtigen Augenblick geschieht, ohne diese Wahrnehmungen zu steuern.

Diese mitunter harte, mentale Arbeit führt durch regelmäßige Übung zu einer inneren Einkehr, bei welcher sich die psychomentalen Mechanismen verändern und sich die Aufmerksamkeit, als der äußere Ausdruck der Seele, nach Innen richtet.

Entwicklungsstufen der Achtsamkeit

Dabei kristallisiert sich stets eine ähnliche Stufenfolge heraus:

  1. Der Anfang ist oft von Unruhe, Gedankenkreisen und dem Kampf gegen Langeweile, Motivations- und Konzentrationsprobleme geprägt.
  2. Dann stellt sich allmählich Entspannung ein, die sich durch Wohlbefinden, ruhige Atmung und wachsende Geduld zum Ausdruck bringt.
  3. Erst dann entwickelt sich eine gelöste Konzentration, die mit dem Loslassen von Gedankenketten, Leichtigkeit, Gleichmut und Frieden einhergeht.

Seelenheil ist keine Dienstleistung

Diese drei Phasen sollten die Begleiterscheinungen einer erfolgreichen Psychotherapie sein. Darüber hinaus gehende Erfahrungen sind nicht Teil einer kassenärztlichen Versorgung sondern obliegen dem spirituellen Wachstum eines jeden einzelnen, indem sich essentielle Qualitäten wie Hingabe an ein spürbares höheres Selbst, Demut, Dankbarkeit und Liebe entwickeln.

Diese höhere Erfahrung ist nicht käuflich und kann daher auch nicht in Seminaren oder Selbsterfahrungskursen vermittelt werden. Natürlich bedarf es aber dennoch Menschen, die das Gut der gelebten Barmherzigkeit und Einheit ganz kostenfrei und selbstverständlich vorleben und ich wünsche jedem Leser, mit dieser frei verfügbaren Quelle menschlicher Liebe in Verbindung zu kommen.

Die Kunst der wertfreien Betrachtung

Zunächst fällt es jedoch schwer, die ersten drei Stufen der Inneren Einkehr zu meistern.

Ein zentraler Wirkmechanismus ist das unkontrollierte und unzensierte Kommen und Gehen lassen von Gedanken, Emotionen und Körperwahrnehmungen. Viele Menschen investieren viel Energie in die Kontrolle dieser Prozesse und können sich auf deren wertfreie Wahrnehmung nur nach längerem Training einlassen. Daraus folgt das wichtige Paradigma der Akzeptanz, welches sämtliche Phänomene, seien sie nun intrapsychisch oder extern, schlicht als anwesend wahrnimmt und sie in ihrem Sosein akzeptiert. Auftretende automatische Bewertungsprozesse werden mit Distanz als mentale Konstrukte ohne weiteren Wahrheitsgehalt betrachtet und ebenfalls so angenommen - nichts ist wahr ohne sein Gegenteil.

Konzept zur Entwicklung von Achtsamkeit

Da dies jedoch vor allem in Zeiten moralischen und sozialen Werteverfalls, bei einer Fülle negativer Erfahrungen nicht leicht ist, hat die moderne Psychotherapie ein Konzept für die Entwicklung, einzelner alltagstauglicher Fähigkeiten entwickelt, die uns bei diesem Prozess behilflich sind.

A – Achtsamkeits-vermittelnde psychologische Mechanismen

1. Verbesserung des Gewahr-Werdens innerer Befindlichkeiten

Emotionen, Kognitionen und körperliche Befindlichkeiten können ungefiltert wahrgenommen werden.

 Achtsam wahrnehmen

2. Verbesserung der meta-emotionalen und -kognitiven Ebene

Emotionen, Kognitionen und körperliche Befindlichkeiten können aus einer gewissen mentalen Distanz beobachtet und beschrieben werden, ohne handlungsrelevant zu werden.

 Achtsam beschreiben

3. Verbesserung der unmittelbaren Erfahrung

Erfahrung des Anwesenden; Aufgehen im Augenblick; sich fallen lassen und teilwerden

 Achtsam teilwerden

B – Achtsamkeits-vermittelnde Haltung und innere Einstellung

4. Erweiterung der annehmenden Grundeinstellung

Die Dinge und sich selbst so zu akzeptieren wie sie sind; Entwicklung von Demut und Gelassenheit.

 Offen annehmen

5. Entwicklung von wohlwollendem Mitgefühl

Sich selbst und den Anderen gegenüber Fairness, Sorgfalt, Zuversicht und Fürsorge entwickeln.

 Wohlwollend begegnen

6. Verbesserung des nachhaltig wirkungsvollen Handelns

Verhaltenskompetenz von kurzfristiger Wirksamkeit auf nachhaltig zielführendes, ökonomisches und wertbasiertes Handeln erweitern.

 Umsichtig handeln

C – Achtsamkeits-vermittelte esoterische Erfahrung

7. Verbesserung des Gefühls der Verbundenheit mit der Welt

Eine tiefe Ahnung davon entwickeln, dass das Selbst Teil einer universellen Struktur ist, das Ich lediglich ein Konzept darstellt und ein Loslassen dieses Konzeptes eine tiefere Form von Liebe und Verbundenheit freisetzen kann.